
ADFC Erkrath nimmt Wahlprogramme der Parteien unter die Lupe
Kommunalwahl NRW 2025 - Analyse der Partei-Wahlprogramme zum Radverkehr
Im Vorfeld der anstehenden Kommunalwahlen in Erkrath hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Erkrath einige Wahlprogramme der sich zur Wahl stellenden Parteien analysiert. Die Linke und AfD hatten kein spezielles Programm für Erkrath erstellt. Damit wurden die verbleibenden fünf Programme von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, BmU und FDP unter verkehrspolitischen und speziell fahrradbezogenen Fragestellungen untersucht.
Der ADFC Erkrath definierte dabei 8 Themenkomplexe, nahm die entsprechenden Aussagen aus den Wahlprogrammen auf und stellte sie in einer Tabelle gegenüber. Die Aussagen wurden jeweils wortgetreu übernommen. Zusätzlich wurde die ADFC-Position dargestellt. Die Tabelle ist am Ende dieser Pressemitteilung eingefügt.
Somit können sich alle Interessierten einmal selbst einen schnellen Überblick über die Original-Statements der Parteien und des ADFC zu den einzelnen Themenkomplexen verschaffen.
Wie bewertet der ADFC Erkrath nun die Ergebnisse und die Positionierung der einzelnen Parteien? Fangen wir mit einer grundsätzlichen Betrachtung an.
Alle Parteien denken nach eigenen Aussagen Verkehrspolitik ganzheitlich über alle Verkehrsarten hinweg. Das ist soweit gut. Die Notwendigkeit einer Abkehr von der traditionellen autozentrierten Verkehrspolitik der Vergangenheit hin zu einer modernen nachhaltigen Mobilität formulieren aber nur Bündnis 90/Die Grünen („es ist Zeit für eine konsequente Verkehrswende“) und die SPD („mehr Mobilität mit weniger Kfz-Verkehr“).
Zum Thema Verkehrssicherheit bekennen sich leider nur Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich zur Vision Zero, also dem Ziel, dass es auf unseren Straßen keine Verkehrstoten oder Schwerverletzte geben darf. In NRW ist die Vision Zero Leitbild und durch das FaNaG (Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz) auch formal gesetzlich verankert. Auch für das Verwaltungshandeln ist es etwa in Abwägungsprozessen verbindlich.
Die CDU möchte, dass die Stadt einen eigenen Blitzer anschafft und selbst Geschwindigkeitskontrollen durchführt.
Beim Thema Ausbau von Radverkehrsanlagen und Verbindungen in unsere Nachbarstädte gibt es insgesamt ziemlich wenig konkrete Vorschläge. Zur Veloroute Wuppertal - Düsseldorf bekennen sich CDU und Bündnis 90/Die Grünen, die BmU möchte nicht, dass diese durch das Gewerbegebiet Unterfeldhaus geführt wird.
Die Neuverteilung des Straßenraumes auf Haaner Straße und Bergische Allee zugunsten Fuß- und Radverkehr fordern SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Dies ist auch eine ganz wichtige Forderung des ADFC Erkrath.
Bündnis 90/Die Grünen fordern die Umsetzung des Erkrather Radverkehrskonzeptes. Der ADFC Erkrath verweist darauf, dass es bereits vor 10 Jahren beschlossen wurde und wichtige Radrouten noch immer nicht fahrradfreundlich umgestaltet worden sind, wie z.B. in Alt-Erkrath der Straßenzug Düsseldorfer Straße, Neanderstraße, Beethovenstraße. Hier gibt es bislang nur einen zu kurzen, handwerklich schlecht beschilderten Tempo-30-Abschnitt auf der Neanderstraße.
Einzig Bündnis90/Die Grünen weisen auf das Radverkehrskonzept des Kreises Mettmann hin, dass ja den umzusetzenden Maßnahmenkatalog im Kreis Mettmann darstellt. Dass bislang keine einzige Maßnahme umgesetzt worden ist und auch die angestrebten Quick-Wins nicht realisiert worden sind, ist leider die traurige Realität. Der ADFC im neanderland hatte unlängst in einer Pressemitteilung bereits „mangelnden Willen zur Verkehrswende“ festgestellt.
CDU und FDP fordern sogar explizit die Aufhebung der Fahrradstraße Millrather Weg. Die BmU fordert dies implizit. Für alle drei Parteien haben Kfz-Parkplätze höhere Priorität. Diese starke Fokussierung auf den Kfz-Verkehr konnte der ADFC Erkrath auch im politischen Handeln der letzten Ratsperiode feststellen. Angesichts der Tatsache, dass wir jeden Tag das Scheitern der traditionellen Auto-Vorrangpolitik erleben und heute eigentlich niemand mehr die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neuausrichtung von Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik hin zu nachhaltigen, effizienten und sozialen Mobilitätsformen ernsthaft anzweifeln kann, erscheint uns die Position dieser drei Parteien als deutlich aus der Zeit gefallen und geradezu radikal.
Dies stellt eine klare Absage an eine Verkehrswende dar und wird noch nicht einmal den eingangs zitierten eigenen Ansprüchen an eine gleichberechtigte Berücksichtigung der einzelnen Verkehrsträger gerecht. Die Bürgermeisterkandidaten dürften es schwer haben, sich verkehrspolitisch als Bürgermeister für alle zu präsentieren.
Die SPD möchte „digitale Fahrradboxen oder eingezäunte Sammelabstellanlagen in ausreichender Anzahl an allen vier Haltepunkten der Bahn.“, Bündnis 90/Die Grünen „überdachte, diebstahl- und vandalismussichere Fahrradabstellmöglichkeiten an allen zentralen Orten und Verknüpfungspunkten (S-Bahnhöfe, Einkaufszentren, etc.)“. Einzig Bündnis 90/Die Grünen fordern die Aufstellung einer Fahrradabstellsatzung. Der ADFC Erkrath begrüßt dies, da es Sinn macht, bei allen Neubauten direkt eine ausreichende Anzahl von Fahrradabstellplätzen in geeigneter Qualität bereitzustellen. Fahrradfeindliche Infrastruktur können wir uns nicht leisten. Die Notwendigkeit eines adäquaten Herbst- und Winterdienstes auf Radwegen stellen Bündnis 90/Die Grünen fest. Sie SPD möchte „Neue Mobilität nach Erkrath holen: Mobilstationen und Sharing-Angebote von E-Autos und E-Bikes.“
Norbert Lorenz und Karl-Heinz Lambertz, die beiden Sprecher des ADFC Erkrath, stellen fest, dass die Stadt Erkrath im alle zwei Jahre stattfindenden Fahrradklima-Test mit steter Regelmäßigkeit von den Radfahrenden äußerst schlecht benotet wird - zuletzt 2024 mit Schulnote 4,3. (Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Er wird vom Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2024 zum elften Mal statt.)
„Nach Analyse der Wahlprogramme und nach unseren Beobachtungen im Mobilitätsausschuss der Stadt Erkrath, wo wir mit Sabine Habel einen beratenden Sitz einnehmen, haben wir die Befürchtung, dass sich an dieser Situation auf absehbare Zeit nichts grundlegend ändern wird. Für eine zukunftsgerichtete Mobilitätspolitik, in dem das Fahrrad eine wichtige Rolle einnimmt, braucht es entsprechende breite Mehrheiten mit dem Willen zur Verkehrswende, die anpackt und im Dialog mit allen Beteiligten einen langen Atem hat."
"Dies sehen wir in Erkrath leider nicht.“